Sarah Binder

Leben in den unendlichen Weiten

  • 10.03.2016, 14:46
Sind wir alleine im Universum? Ein neues Buch versucht, diese und andere astrophysikalische Fragen für Laien zu erklären. Wir haben es gelesen.

Die Astrophysikerin Lisa Kaltenegger liefert Erklärungen der physikalischen Grundlagen für die Möglichkeit von Leben auf anderen Planeten und zeichnet den Stand der Forschung dazu nach. Die theoretischen Basics sind durch Comics illustriert. Alles was für das bessere welträumliche Verständnis notwendig ist, wird hier anschaulich erklärt: Was ein Lichtjahr ist, wie die Dichte eines weit entfernten Planeten berechnet wird, warum Dopplereffekt und Relativitätstheorie für die Erforschung des Weltalls so wichtig sind, welche unterschiedlichen Formen von Planeten es gibt, welche Technologien gerade in Entwicklung sind und was man damit herausfinden kann. Neue Teleskope kommen da genauso vor wie die Erklärung, was Exoplaneten sind und warum auf manchen davon nach Leben gesucht werden kann.

Ein weiterer spannender Teil behandelt die Frage, wie andere Lebensformen aufgebaut sein müssten, um auf anderen Planeten zu überleben. Es wird erzählt, welche Rolle die Erforschung der Entstehung des Lebens auf der Erde und seiner widerstandsfähigsten Lebewesen, der Tardigradas, für erste Vermutungen über extraterrestrische Lebewesen spielt. Die Cornell-Professorin Lisa Kaltenegger war am Aufspüren der ersten beiden Planeten beteiligt, die in der habitablen Zone ihres Sonnensystems liegen. Sie erfüllen also viele Voraussetzungen für Leben. Doch wohin würde sich eine Mission von der Erde aus lohnen? Da in anderen Sonnensystemen als unserem nach Leben gesucht wird, sollte bei den Milliarden Möglichkeiten vorher ein rigoroses Auswahlverfahren stattfinden. Dabei interessieren die Wissenschaftlerin, nach der ein Asteroid benannt wurde, nicht nur jüngere und gleich alte Planeten wie die Erde, sondern vor allem auch solche, die älter sind und an denen wir beobachten könnten, was in Zukunft mit unserem Planeten geschehen könnte.

Nach der Lektüre dieses Buches kann man jedenfalls die Entdeckungen erdähnlicher Planeten der letzten Jahre besser verstehen und einordnen. Dass sich die Autorin oft wiederholt und viele Erklärungsmodelle verwendet, die schon Kinder verstehen würden, ist für physikalische Laien kein Nachteil. Es ist jedenfalls ein super Buch für HobbyastronomInnen und Science-Fiction-Fans, die nach qualifizierten Argumenten für das nächste Streitgespräch suchen.

Sarah Binder studierte Konzeptkunst an der Akademie der Bildenden Künste Wien.

Die Id Girls kommen

  • 08.03.2016, 19:06
Was hat Freuds „Es“ mit der Comedy-Serie „Broad City“ zu tun?

Das Magazin The New Yorker hat den Begriff „Id Girls“ für die Macherinnen und Hauptdarstellerinnen der Comedy-Serie „Broad City“ erfunden. Id ist Englisch für Freuds Es, den unbewussten, triebhaften Teil einer Person. Mit Amy Poehler als ausführender Produzentin begann Mitte Februar die dritte Staffel der lustig verstörenden Fernsehserie über das Leben zweier Twentysomethings in New York. Die zwei auf sonderbare Weise sympathischen Frauen verkörpern die zwei Hauptambitionen der Hipster- Generation – sie wollen kreativ sein und Hedonismus leben. Illana versucht so wenig wie möglich zu arbeiten und so viel wie möglich zu kiffen, wobei ihr Lieblingsversteck für ihre Rauchwaren ihre Vagina ist. Abbi möchte als Graphikdesignerin arbeiten. Sie finanzieren sich über Jobs im Fitnessstudio und im Marketing.

Eine einfache Rechnung geht auf: Da die zwei Hauptdarstellerinnen weiblich sind und quasi alle Witze über sie laufen, ist feministische Subversion in fast jeder Szene aufzufinden. Unsicherheit und Laissez-faire sind hier auch in weiblicher Gestalt sympathisch, nicht mal Körperflüssigkeitshumor braucht ein männliches Pendant.

„Broad City“ macht die Diversität New Yorks sichtbar und der bizzare Humor ist radikaler als in der Schwesternserie „Girls“. Die Protagonistinnen sind sich ihrer Position als weiße Frauen in der Gesellschaft zumindest teilweise bewusst, vor allem Illana spricht Themen wie White Supremacy, Prekarität und Transfeminismus manchmal an. Die Freundinnen propagieren ein wenig am Mainstream orientiertes Körperselbstbild, obwohl Selbstzweifel auch hier nicht zu kurz kommen.

Der Titelsong Latino N’Proud passt perfekt in die Collage aus dem Big Apple. Die Comediennes nehmen hin und wieder gestische Anleihen im Hip Hop. Sie kopieren übertriebene Männlichkeitsposen und Machtdemonstrationen und verwenden dies als Kritik am weißen Patriarchat. Fraglich bleibt, ob damit nicht eine unwillkürliche Allianz mit eben jenem hergestellt wird, da über schwarze Kultur und vor allem Körper gelacht werden darf.

Sarah Binder hat an der Akademie der Bildenden Künste Wien Konzeptkunst studiert.